Team Roter Baron

Fehleinschätzungen im Paintball – Interview mit Stephan Wildemann


Interviewer:

Was ist Paintball?

Wildemann:

Paintball ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem man versucht dem Mitspieler eine Fahne abzuluchsen. Vorteile im Spiel erhält man dadurch, dass man seinen Mitspieler markiert. Ähnliche Spielprinzipien finden wir beim Völkerball, Brennball und dem klassischen „Räuber und Gendarm”-Spiel.

Interviewer:

Das klingt sehr harmlos! Warum seid ihr dann maskiert?

Wildemann:

Die Maskierung dient lediglich dem Schutz, ähnlich wie ein Motorradhelm beim Motorrad Fahrer. Sie schütz die Augen, die Stirn, die Schläfe, den Kehlkopf, den Mund.

Interviewer:

Ist das Spiel gefährlich?

Wildemann:

Nein. Laut amerikanischen Versicherungsstatistiken ist Angeln weitaus gefährlicher als Paintball spielen. Angeln? Ja, beim Angeln rutscht man auf den feuchten Steinen aus und bricht sich die Haxen. Basketball ist zum Beispiel ein wesentlich gefährlicherer Sport was Augenverletzungen angeht. In dem Bereich taucht Paintball eigentlich gar nicht auf.

Interviewer:

Was ist mit den martialischen Uniformen, die Ihr tragt?

Wildemann:

Das ist martialisch? Naja, ich weiß nicht. Ich würde das ganze eher Trikot nennen. Sicherlich wirkt die Maske auf den ersten Blick furchteinflößend, da ist jemand maskiert, aber das ist ein Motorrad Fahrer natürlich auch und der schützt sich einfach nur.

Interviewer:

Wieso sehe ich im Fernsehen immer nur komplett in Kampfuniformen gekleidete Krieger?

Wildemann:

Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Die Berichterstattung wirft einiges durcheinander. Ich werde nicht abstreiten, dass es Paintballspieler gibt, die im Wald spielen und um sich besser zu verstecken Tarnkleidung nutzen. Es ist rein zweckgebunden das Ganze. Wenn ich mich verstecken möchte, nutze ich die Bekleidung, die dazu am besten dient und das ist in dem Fall Tarnbekleidung. Das ist zweckmäßig, nicht mehr und nicht weniger. Es wäre schön, wenn das Fernsehen mal weniger auf Einschaltquote achten würde und deshalb mehr über die deutsche Paintballbundesliga zum Beispiel berichten würde.

Interviewer:

Bundesliga?

Wildemann:

Man stellt sich das am besten vor ähnlich wie beim Fußball. Erste Bundesliga, zweite Bundesliga, mehrgleisige Regionalligen. Wir haben einen Verband, der das ganze überwacht und Schiedsrichter ausbildet und das ganze zu einem geregelten und fairen Wettkampf zu bringen. Es gibt circa 200 Teams in Deutschland, die um den Titel „Deutsche Meisterschaft” kämpfen. Es gibt internationale Wettkämpfe, an denen wir teilnehmen. Teams wie Düsseldorf Reckless, Bonn Fire oder Frankfurt Syndicate. Bonn Fire ist vor einigen Jahren Europameister geworden.

Interviewer:

Und was ist mit den ganzen Rechtsradikalen, die Paintball spielen?

Wildemann:

Ich betreibe diese Hobby nun seit 16 Jahren und meine eigene Paintballfirma seit 14 Jahren und kann ganz klar sagen, Paintballer haben sich von Anfang an gegen Rechtsradikalismus distanziert. Woher dieses Gerücht kommt, kann ich nicht belegen, kann ich nicht sagen.

Interviewer:

Aber Paintball ist doch so aggressiv und macht gewalttätig?

Wildemann:

Das ist ein Ammenmärchen, das bis jetzt noch durch keine Studie belegt worden ist. Es ist einfach gegen Randgruppen und Minoritäten zu sein. Minoritäten sind ein oftmals gern genutztes Bauernopfer. Von tausend Leuten, die sich gegen Paintball aussprechen aus oben genannten Gründen, haben 999 noch nie ein einziges Mal ein Paintball Spielfeld gesehen. Und der eine, der sich die Mühe gemacht hat, wird erkennen, dass wir weder gewalttätig noch aggressiv sind, noch irgendeiner anderen Randgruppe angehören. Das ganze ist einer Demokratie nicht würdig. Ich möchte mal mit den Worten einer großen Freiheitskämpferin sprechen, Rosa Luxemburg: „Die Freiheit stirbt von den Rändern.” Anders denkende, anders fühlende, einen Freiraum zu geben, aber auch alle anderen zu achten, das ist gelebte Liberalität, das ist gelebte Demokratie. Und das vermisse ich. Man mag uns nicht mögen, man mag unseren Sport und das, was wir machen nicht mögen, aber man muss akzeptieren, wenn wir ein wenig anders sind, wenn wir ein wenig anderen Sport betreiben und niemandem etwas Böses tun. Das muss in einer Demokratie einfach drin sein.

Interviewer:

Im Jahr 2000 wurde von Dipl.-Päd. Linda Steinmetz eine Gutachterliche Stellungnahme zur Gewaltaffinität der Mitglieder-Innen der (deutschen) Paintball-/Gotcha-Szene erstellt, woraus hervorgeht, das Paintballer-Innen in ihren Alltagszusammenhängen keineswegs aggressiv [sind]. Dieses betrifft ebenso den Kneipenbesuch oder Einkäufe, wie das Verhalten nach Verlassen des Spielfeldes bei einem Turnier. Die Fähigkeit des Thrillerlebens scheint nicht inflationär geworden zu sein. Die Gruppen-/Szene-Mitglieder sehen keine Abnutzung oder Gewöhnung im „Reizkonsum”, die stärkere oder gar „realere” Erlebnisse abverlange. (dieser Text steht zum Download auf www.pbportal.de zu Verfügung)

Wildemann:

Das ganze ist auch keine gekaufte gutachterliche Stellungnahme, sondern wurde im Rahmen eines von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekts durchgeführt.

Interviewer:

Das klingt ja alles toll, aber im Paintball geht es um Töten und um Abschießen!

Wildemann:

So eine Aussage ist verkürzt und Bauernfängerei. Selbst im Baseball oder im Völkerball geht es um abtreffen oder abschießen. Auch das olympische Fechten, eine olympische Disziplin, macht nichts anderes, als eine Waffe zu nehmen und auf jemanden einzustechen und dafür Punkte zu bekommen. Vom Prinzip, ich markiere jemanden, bekomme Punkte und gewinne oder verliere dadurch mein Spiel, ist Fechten genau das gleiche wie Paintball. Warum das eine olympisch ist und das andere verhöhnt, gewaltverherrlichend oder was ähnliches sein soll, kann sich mir nicht erschließen, ist mir nicht klar. Da sogar beim Fechten die Möglichkeit gar nicht besteht ohne Treffer zu gewinnen, beim Paintball sehr wohl. Ich kann die Fahne dem Gegner abluchsen, zu meiner eigenen Basis zurückbringen und hab das Spiel gewonnen, ohne irgendwen getroffen zu haben, ohne jemanden markiert zu haben. Diese wesentlich einfachere Variante ist nur im Paintball möglich, nicht beim Fechten. Eins ist olympisch, das andere gewaltverherrlichend, das erschließt sich mir nicht.

Interviewer:

Auch wenn die meisten nur Spaß haben, kann man das doch zu militärischen Übungszwecken missbrauchen!

Wildemann:

Mit Sicherheit nicht. Die Bewegungsabläufe sind ganz andere, jeder Ausbilder, oder die Windanfälligkeit des Paintballs, ist mit einer richtigen Kugel oder ähnlichem überhaupt nicht zu vergleichen. Jeder gestandene Ausbilder bei der Bundeswehr wird lachen, wenn er denkt oder wenn er hört, dass so was zu militärischen Übungszwecken zu gebrauchen ist. Ganz sicher nicht. Ich denke jeder Ausbilder der Bundeswehr wäre glücklich darüber, wenn AlQuida sich hinter bunten Hüpfburgen verstecken würde und glauben würde, die hätten damit eine Chance. So ernst das Thema sein mag, aber so klar muss ich dies kontrovers anführen. Es hat einfach das eine mit dem anderen nichts zu tun. Auch die Tatsache „Oh, könnt ihr vielleicht das umbauen zu richtigen Waffen?”. Nein. Das geht technisch [nicht], völlig unmöglich. Ein Tischtennisball und ein Lederball sind zwar auch ziemlich ähnlich, hüpfen beide, aber aus einem Tischtennisball mach ich nie einen Lederball. Ja? Es ist technisch unmöglich aus einer Paintballpistole, einen Paintball Markierer, irgendetwas anderes zu machen, dass den Menschen wirklich gefährden kann.

Interviewer:

Aber ich möchte nicht, dass mein Kind Paintball spielt!

Wildemann:

Das darf es auch nicht. Der Erwerb eines Paintball Markierers ist erst ab 18 Jahren möglich, nicht vorher. Die juristische Klassifizierung eines Paintball Markierers ist dem eines Luftgewehrs gleichzusetzen. Der Erwerb ist somit erst ab 18 Jahren gestattet und auch das Benutzen, anders als beim Luftgewehr, ist hier erst ab 18 Jahren möglich. Also Kinder und Jugendliche können und dürfen gar kein Paintball spielen. Deshalb ist das kein Problem.

Interviewer:

Aber was ist mit diesen Maschinengewehren, die man mittlerweile in allen Spielzeugläden kaufen kann? Die machen einem Angst!

Wildemann:

Verständlich. Aber das hat mit Paintball nichts zu tun. Das sind Hightech-Erbsenpistolen und haben nichts mit Paintball Markierern oder ähnlichem zu tun. Die haben wenn sie für Jugendlich oder Kinder zu kaufen sind, so wenig Power, dass sie keinen wirklich Schaden anrichten können. Da hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Was mit Sicherheit kritisch beleuchtet werden kann ist das Aussehen, die reale Nachbildung dieser Softair Waffen. Aber Softair und Paintball sind zwei komplett unterschiedliche Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, das ist wichtig. Das einzige: Softair Waffen, die für Kinder erhältlich sind, sehen halt aus wie diese Nachbildungen, haben aber, um das noch mal zu sagen, von der Power so wenig Energie, dass sie auch keinen Schaden anrichten können.

Interviewer:

Was ist Paintball nun Ihrer Meinung nach?

Wildemann:

Paintball ist eine Freizeitbeschäftigung, die aufgrund vieler falscher Berichterstattungen in ein Licht gerückt worden ist, in der es nichts zu suchen hat. Paintball kann nur erfolgreich gespielt werden, wenn man als Team auftritt und sich aufeinander verlässt. Mit Freunden gemeinsam ein Erlebnis haben, nicht alleine. Alleine kann ich nicht Paintball spielen, alleine kann ich im Paintball keinen Erfolg haben. Das ist eines der Grundprinzipien des Paintballspiels. Also gerade Gemeinsamkeit und nicht Alleinsein oder einzeln auftreten. Das bringt im Paintball nichts. Paintball ist absolutes Teamplay.

Also jeder, der sich jetzt angesprochen fühlt, seien es Journalisten oder andersweitig Interessierte: wissen@paintball.de einfach ne kurze Mail schicken oder auf den Webseiten www.paintball.de, www.pbatlas.de, www.pbportal.de